Mantrailing ist Teamwork, es funktioniert nur gemeinsam. Mensch und Hund müssen zu einer Einheit verschmelzen. Nur, wie stellt man das am besten an? Und was bedeutet das überhaupt genau? Eine Anleitung dazu gibt es leider nicht. Ich möchte aber versuchen, euch meine Philosophie dazu näherzubringen.
Der Grund, weshalb Mantrailing nur als Teamarbeit funktioniert, ist schnell erklärt- es ist nichts anderes als Jagd, und Jagen geht eben nur als Team. Wir „jagen“ also vermisste Menschen gemeinsam mit unserem Vierbeiner. Das ist wichtig für das Verständnis, denn nun wird auch klar, dass genau deshalb Unterordnung in der Vermisstensuche absolut nichts verloren hat.
Ich beobachte im Training viele verschiedene Mensch-Hund-Teams, und somit auch die verschiedensten Start- Rituale. Ab und zu sehe ich also auch Menschen, die ihren Hund aus dem Auto holen- und dieser sich sofort absetzen soll, damit Frauchen/Herrchen noch ganz entspannt die Leine aufschlaufen kann, dann werden noch die Schuhe nachgebunden, die Handschuhe angezogen, und so weiter… Während dieser ganzen Zeit soll Bello natürlich seelenruhig daneben sitzen bleiben und sich nicht vom Fleck bewegen. Wenn der Hundeführer dann fertig ist, wird die Leine am Halsband eingehakt. Man geht in die Nähe des Startpunktes, wo sich der Hund erneut absetzen soll, damit die Leine ans Geschirr umgehängt werden kann. Und was ich dabei immer höre, sind Dinge wie „Bello, Sitz und bleib! NEIIIINNNNN, Bleib hab ich gesagt!!! Bello! Sitz!“ Währenddessen tipselt ein aufgeregter Hund nervös fiepend umher, weil er es kaum erwarten kann, endlich arbeiten zu dürfen- denn Bello weiß schon seit dem Öffnen der Kofferraumklappe, worum es geht.
Worauf ich hinaus will: Diese Kommandos noch vor dem Start ergeben oft keinen Sinn, denn der Hund ist meistens viel zu aufgeregt, um diese zu befolgen, und dazu sind sie völlig überflüssig. Der für mich einzig plausible Grund, warum wir Menschen das trotzdem tun, ist zu Selbstdarstellungszwecken. Wir freuen uns, wenn der Hund brav neben uns sitzt und uns erwartungsvoll anschaut. So kann jeder sehen, dass Bello toll erzogen ist und Kommandos befolgt. Nur wie gesagt- das hat im Mantrailing nichts verloren, im Gegenteil- man verschwendet damit wertvolle Ressourcen, die man gut in das eigentliche Training oder den Einsatz investieren könnte.
Wenn ich mit Romy trainiere, bereite ich alles so weit vor, dass es auf der Stelle los geht, wenn sie aus dem Auto hüpft. Sie wartet so lange in ihrer Box, bis ich mit allem fertig bin- dann bekommt sie ihr Geschirr angezogen, die Leine wird eingehakt, Hund hüpft raus, Tür zu und wir starten direkt mit der Arbeit. Damit vermeide ich die ganze Aufregung für den Hund (ich meine das „Sitz-Platz-Bleib“-Drama) , und wir können unsere ganze Energie in die Suche, also die „Jagd“, stecken.
Ab jetzt sind wir ein miteinander verbundenes Team, und das gleich auf mehrere Arten: Einmal sind wir physisch über die 10 Meter Schleppleine verbunden, und aber auch gedanklich. Ihr fragt euch nun sicher, wie man sich denn bitteschön gedanklich mit einem Hund verbinden soll? Wenn man eine tiefe Bindung zu seinem vierbeinigen Partner hat, stellt sich diese Frage nicht, man weiß es einfach. So geht es mir zumindest. Wenn ich mit meinem Hund arbeite, kann ich fühlen, in welche Richtung sie als nächstes gehen möchte. Ich kann auch fühlen, wenn sie sich unsicher ist, oder umgekehrt, wenn sie sich sehr sicher ist. Weil wir eine Verbindung zueinander haben. Diese Verbindung ist aber nicht einfach da, sie muss sich erst entwickeln. Man kann sie auch nicht erzwingen, sie kommt ganz von allein. Wer eine starke, innige Bindung zu seinem Hund hat, wird diese auch beim Trailen früher oder später spüren.
Ganz schön weit hergeholt, findet ihr? Ist es gar nicht! Jeder Hundeführer, der seinen Hund halbwegs gern hat, weiß doch z.B. auch intuitiv, wenn es der Fellnase schlecht geht, oder nicht?
Nun noch ein paar Worte zur Aufgabenverteilung im „Jagd-Team“: Es ist ja offensichtlich, dass die Teampartner sehr ungleich sind. Wir können halt nunmal nicht so gut riechen wie Hunde, somit sind wir auf deren Nase angewiesen. Der Hund hat also ganz klar die Aufgabe, den Geruch aufzunehmen und diesem zu folgen. Im Gegenzug braucht er die Sicherheit, dass er ungestört arbeiten kann und vor Gefahrenquellen geschützt wird- hier kommen wir Zweibeiner ins Spiel, denn das ist unser Job. Wir Hundeführer geben dem Hund also durch die Leine, mit der wir verbunden sind, die Sicherheit, dass wir auf ihn Acht geben und ihn unterstützen, wenn es erforderlich ist- beispielsweise bei unüberwindbaren Hindernissen. So ist jetzt auch klar, dass Mantrailing viel mehr ist, als einfach nur dem Hund irgendwie hinterher zu stolpern- eben Teamwork auf Augenhöhe.