Air Scent und Blown Scent

Wer sich mit Mantrailing etwas tiefer auseinander setzt, wird zwangsläufig auf diese beiden Begriffe stoßen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht immer ganz leicht ist zu verstehen, was damit gemeint ist. Ich versuche hier zu erklären, was sie bedeuten.

Zunächst einmal gehen wir der Frage nach, was der Hund überhaupt riecht, wenn er arbeitet. Jeder Mensch verliert pro Sekunde tausende von kleinsten Hautpartikelchen. Sie sind so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann. Sie verteilen sich um uns herum; einige fallen schneller zu Boden als andere, die sich länger in der Luft aufhalten, und etwas weiter getragen werden. Auf den Partikeln finden sich Bakterien, die diese zu zersetzen beginnen. Wie schnell sie zersetzt werden, hängt von Umgebungseinflüssen ab. Warmer, feuchter Untergrund begünstigt die Bakterienaktivität, wohingegen trockener, staubiger Untergrund sie vermindert. Bei der Zersetzung der Bakterien entsteht (für uns kaum wahrnehmbarer) Geruch- diesem Geruch folgen die Hunde bei der Suche nach vermissten Personen.

Jeder Mensch trägt eine individuelle Zusammenstellung an Bakterien auf der Hautoberfläche, weshalb jeder Mensch einen Geruch hat, den es kein zweites Mal genauso gibt. Beeinflusst wird der Geruch zusätzlich durch Essensgewohnheiten, Waschmittel, Hygiene, Suchtmittel wie Drogen, usw… So entsteht die individuelle Geruchsspur, die der Hund verfolgen kann.

Außerdem trägt jeder Mensch einen gasförmigen Geruch, der einen umgibt wie eine kleine Wolke. Liegt eine vermisste Person also z.B. im Wald, breitet sich um sie herum dieser gasförmige Geruch aus, der sehr frisch ist, da er kontinuierlich abgesondert wird. Dieser Geruch ist der „Air Scent“, auch Annäherungsgeruch genannt und unterliegt dem Einfluss von Wind. Ist der Hund also auf der Zielgeraden und kommt der VP immer näher, bekommt er irgendwann diesen „Air Scent“ in die Nase und weiß nun, dass er ganz ganz nah ist. Die meisten Hunde zeigen dieses Näherkommen durch verstärkten Zug an der Leine, oder durch „Aufgeregtsein“ an. Dieses Verhalten nennen wir „Alarm“ (engl. „proximity alert“).

Hunde, die wenig Erfahrung haben, folgen diesem „Air Scent“ gern mit hoher Nase mit dem Wind, also in die Richtung, in die sich der Geruch verflüchtigt- dann wird der „Air Scent“ (=stärker werdender, frischer Annäherungsgeruch) zum „Blown Scent“ (=sich verflüchtigender, schwächer werdender Geruch). Der Hund muss also lernen, dass er beim Antreffen des Annäherungsgeruchs diesem Geruch entgegen geht, also zur Geruchsquelle hin- und ihm nicht mit dem Wind folgt, der diesen Geruch fort trägt.

Auch der Geruch der Partikel, die sich am Boden befinden, können zum „Blown Scent“ werden, denn auch die Bakterien erzeugen diesen flüchtigen, gasförmigen Geruch, dem die Hunde folgen. Kommt hier nun Wind ins Spiel, verfliegt auch dieser Geruch mit dem Wind- es entsteht „Blown Scent“.

Fassen wir also zusammen: Der „Air Scent“ ist frischer Annäherungsgeruch, der gasförmig ist und direkt von der vermissten Person kommt. Er kann nur aus relativ kurzer Entfernung zur VP wahrgenommen werden und wird immer stärker, je näher der Hund ihr kommt. Folgt der Hund diesem Geruch mit dem Wind, also dem schwächer werdenden Geruch, der von der VP weggetragen wird, wird der „Air Scent“ zum „Blown Scent“.