Starten will gelernt sein!

Was macht einen guten Start aus? Worauf muss man achten? Wie geht man vor? Ich sehe im Training immer wieder, wie wichtig ein souveräner Start ist, und gleichzeitig merke ich, wie schwierig das tatsächlich sein kann. Je nach Gelände, Alter des Trails oder Wetterbedingungen kann die Ausarbeitung des Place last seen (letzte bekannte Position der VP) schonmal ausufern oder unlösbar erscheinen. Deshalb möchte ich im Folgenden einige Aspekte beleuchten, um die Schwierigkeiten aufzuzeigen.

Das Ritual

Es ist sehr wichtig, dass jeder Hundeführer sein individuelles Startritual findet. Was meine ich mit “Ritual“? Ganz einfach: Alles, was von dem Moment, an dem ich meinen Hund im Auto vorbereite, bis zum Anriechen am Geruchsobjekt, stattfindet. Es ist sehr wichtig, dass dieser Ablauf immer derselbe ist. Wenn man tatsächlich zu einem Einsatz gerufen wird, geht es unter Umständen hektisch oder laut zu, und Mensch bzw. Hund müssen damit zurecht kommen. Hier gibt einem ein eingeübtes Ritual Sicherheit und Ruhe.

Wie geht “Starten“?

Ich führe meinen Hund an der 10 Meter langen Schleppleine (aufgeschlauft, Hund neben mir) zum Startpunkt. Ich lasse ihn anriechen und gebe ZUERST die volle Leinenlänge aus, BEVOR ich mich selbst bewege- währenddessen bleibe ich stehen. Der Vorteil dabei ist, dass der Hund die vollen 10 Meter zur Verfügung bekommt, um sich zu orientieren und den Abgang der VP zu finden. Wenn ich sofort mitgehe, dann laufe ich Gefahr, dass ich den Hund allein durch meine Körpersprache unbewusst in eine falsche Richtung schiebe- er hat nicht die Möglichkeit, sich zu orientieren, da ich ja direkt hinter ihm stehe. Mit der Ausgabe der vollen Leinenlänge kann man dieser potenziellen Fehlerquelle vorbeugen.

Die richtige Position am Start

Man sollte versuchen, sich am Ort des Anriechens so zu positionieren, dass man relativ neutral steht, und dem Hund keine Richtung vorgibt. Gleichzeitig sollte die Stelle so gewählt sein, dass man keine Richtungen versperrt und der Hund so viele Möglichkeiten wie es geht offen vor sich hat. Befindet sich der Start beispielsweise an einem Waldweg, dann werde ich den Hund nicht so heranführen, dass ich ihm eine Richtung zeige, sondern ich gehe im 90 Grad Winkel auf das Geruchsobjekt zu, um ihm beide möglichen Richtungen offen zu halten.


Die Ausarbeitung des Startpunktes

Das Bild zeigt eine Situation aus einem unserer Einsatztrainings. Ein super schwieriger Start: Der Hund wurde mit dem Rücken zur Haustüre angesetzt. Dann kam er auf der Straße an, und hatte zwei Möglichkeiten. Da wir immer weit genug ausarbeiten (siehe auch meinen Artikel über Kreuzungsarbeit), geht man mindestens 20 Meter in eine Richtung hinein, im Zweifel eher mehr. Hier war die Schwierigkeit, dass nach den ersten 10 Metern schon wieder eine Kreuzung kam und man sich erneut entscheiden musste. Nach weiteren 20 Metern folgte der nächste Abzweig, und so weiter… die roten Pfeile zeigen alle möglichen Abgangs- Szenarien auf. Wie löst man nun eine solche Situation?

Erschwerend kam Folgendes hinzu: Die abgängige Person ist ca. eine Stunde vor „Verschwinden“ mit den Hunden Gassi gegangen, und geht auch ansonsten mehrmals am Tag ein und aus. Der Hund muss also den frischesten Abgang finden. Damit er das auch kann, muss man einfach jede potenzielle Möglichkeit in Betracht ziehen und abprüfen. Hierbei kann es helfen, sich das Gelände rund um den Start auf einer Karte anzusehen, um beurteilen zu können, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, ob manche Wege beispielsweise irgendwo wieder zusammenfinden, etc. Auf jeden Fall lohnt sich eine genaue Ausarbeitung- denn wenn ich mich schon am Start falsch entscheide, ist die ganze Suche für die Katz.

Dementsprechend hat die Ausarbeitung des Starts mit drei Hunden in dieser Situation ca. 30 Minuten gedauert. Das klingt zuerst einmal viel. Aber wenn ich nun überlege, dass ich, wenn ich die falsche Startrichtung auswähle, ggfs. sehr viel Zeit verschwende und am Ende doch nochmal zurück komme, dann investiere ich lieber etwas mehr Zeit dafür, dass ich mir 100%ig sicher bin, die richtige Richtung gewählt zu haben.

Einige Gedanken für das Training

Damit man sicher wird im Erkennen der Startrichtung, empfiehlt es sich, den Start im Training so zu wählen, dass dem Hundeführer die Richtung nicht von vornherein unbewusst vorgegeben wird. Hier einige Ideen, wie das aussehen könnte:

Man startet an einem Waldweg, und geht diesen nicht „wie gewohnt“ entlang, sondern man geht einfach quer ins Gelände, oder man geht einfach in die andere Richtung.
Der Hundeführer geht auf den Start zu (grün), die Startrichtung verläuft aber rückwärts zu der Richtung, von der man zum Start läuft.

Der Startpunkt befindet sich inmitten einer Kreuzung, wo wirklich jede Richtung infrage kommt.

Fazit

Geht schon der Start in die Hose, kann man den ganzen Trail vergessen. Man sollte im Training viele verschiedene Starts trainieren, damit Hund und Hundeführer immer wieder überrascht werden und man nicht „blind“ einfach losmarschiert. So kann man es schaffen, die Fehlerquote so gering wie möglich zu halten.